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Flensburger Rathaus wird dänifiziert
In Verbindung
mit seiner Festrede bei der Årsmøde 2003 Jahr versprach Stadtpräsident
Laturnus in aller Öffentlichkeit, Dänisch lernen zu wollen. Was ist
eigentlich aus diesem Versprechen geworden? Wird es im Jahre 2005 tatsächlich
auch eine Ansprache auf Dänisch geben? Warum eigentlich macht der Dänischunterricht
im Rathaus so viel Spaß? Wer ist Laturnus um etliche Nasenlängen
voraus? Und warum werden die Türen zu den Vorzimmern hermetisch
verschlossen? Antworten auf diese Fragen gibt es in diesem Artikel.
Und dabei erfahren Sie auch, dass die sogenannte
dänische Nuschelei in Wirklichkeit „blitzartiges und
mikromales Timing“ ist.
Präsident Hans Hermann Laturnus, Gert J. Fode,
Dr. Rainer Heinz
Wenigstens ein paar dänische Sätze
In den oberen
Chefetagen des Flensburger Rathauses - die in Wirklichkeit ganz weit
unten in Bürger-Nasenhöhe sind - wird fleißig Dänisch gelernt.
Hinter seinem blitzblanken antiken Schreibtisch sitzt Hans Hermann
Laturnus und hat die Stadtpräsidenten-Nase in das Kursbuch „Dänisch
neu“ gesteckt. Es ist kurz vor zwei Uhr, gleich wird Gert Fode seine
Dänischlehrer-Nase zur Tür hereinstecken.
„Bisher
konnte ich auf Dänisch nur „hotdog“ und „skål“
aussprechen“ sagt Laturnus und schmunzelt. „Das heißt, ich habe
schon versucht, meine Nase in die Zeitungsartikel der Flensborg Avis
zu stecken. Ich bin ja oft selber drin. Leicht war das nicht. Alleine
das Knacken der Überschrift ist nicht immer einfach.“ Seit etwa
drei Monaten übt Laturnus fleißig Dänisch so weit es die Zeit
erlaubt.
„Herr Fode hat mir ja von Anfang an klargemacht, es ist nicht
alleine damit getan, einmal oder viermal pro Monat einer Dänischstunde
beizuwohnen. Das Erlernen einer Fremdsprache hängt sehr davon ab,
wieviel man selber täglich dafür tut. Und so versuche ich denn auch
Dänisch zu lesen, hören und sprechen, wo ich nur kann.“
Wieso tut der Stadtpräsident sich das an, im Alter von immerhin 63
Jahren?
„Ich finde es toll, wie gut die Dänen Deutsch sprechen. Dagegen ist
die Leistung von deutscher Seite eher ziemlich peinlich. Und so habe
ich in Verbindung mit meiner Festrede bei der Årsmøde 2003
versprochen, Dänisch lernen zu wollen um bei meiner nächsten
Festrede wenigstens ein paar dänische Sätze zu sagen.“
Keine Gnade
Der Entschluss
zum Lernen war der erste Schritt. Der zweite Schritt war der
Unterrichtsanfang mit einer Lehrkraft, die die besonderen Bedürfnisse
und Problematiken eines Stadtpolitikers zu berücksichtigen verstand.
„Wir hatten ja schon einen Dozenten im Hause, denn Dr.
Rainer Heinz hat vor mir mit Dänisch angefangen und den Kontakt zu Herrn Fode hergestellt (www.fode-flensburg.de). Mit ihm
habe ich dann dieselbe Erfahrung wie Dr. Heinz gemacht, d.h. wir haben
eine freundliche Atmosphäre mit kompetentem Lehrer. Herr Fode ist
nicht nur akademisch geschult, er hat auch 30 Jahre in Dänemark
gelebt. Außerdem - die Dänen sind ja auch gemütlicher und weniger
gestresst als wir Deutsche. So glauben wir jedenfalls.“
Laturnus lacht: „Aber ich habe inzwischen gelernt, daß auch Dänen
Stress haben können, dann heißt das jeg har travlt“ (ich
habe zu tun).
Um trotz eines überfüllten Terminkalenders und des Stresses, den der
Job als Aushängeschild Flensburgs nun mal mit sich bringt, die neue
Sprache wirklich erlernen zu können, benutzt Laturnus als
Unterrichtshilfe u.a. auch Hörbücher.
„Zu Hause, im Flugzeug oder in der Bahn nehme ich das Buch zur Hand,
setze den Kopfhörer auf und lerne Dänisch. Ich fahre gern mit dem
Zug, die Zugfahrten sind eine der wenigen Möglichkeiten für mich,
das Dänische zur Hand zu nehmen. Einziges Problem ist, das ich
jederzeit und in jeder Schräglage schnell ein Nickerchen machen kann.
So fliegt dann die Zeit und ich habe doch mein Hör-Lesepensum nicht
geschafft.“
Allerdings – Privatunterricht und Zugfahrten sind nicht alles.
„Ich habe gerade einen Intensivkurs auf der Jaruplund Hochschule
hinter mir. Das war ein ordentlicher Schub. Dann möchte ich gern zum
nächsten Sommer bei Zusammenkünften und politischen Anlässen, wo dänische
Kollegen, Freunde oder Gäste dabei sind, nicht nur verstehen, was
gesagt wird, sondern auch etwas mitsprechen können.“
Laturnus zupft sich am weißen Hemingway-Bart: „Richtig toll wäre
es frei sprechen zu können und das nächste große Ziel ist es natürlich
als Repräsentant der nördlichsten Stadt Deutschlands auch wenigstens
eine kleine Rede auf verständlichem Dänisch halten zu können. Im
Sommer 2005 bin ich wieder dran mit der Festrede zur Årsmøde und
dann werden die Journalisten, Gäste und Freunde wohl keine Gnade
walten lassen und mich Dänisch reden hören wollen.“
Ach ja, die dänische Aussprache
Wie schon
gesagt, Stadtpräsident Laturnus ist nicht der einzige
Spitzenamtsinhaber mit dänischen Ambitionen. Auch Bürgermeister Dr.
Heinz nimmt seit einiger Zeit Unterricht bei Herrn Fode. Bei ihm
stehen die Chance auf eine waschecht dänische Rede schon etwas
besser.
„Als ich Dr. Heinz zum ersten Mal traf, verstand er schon sinngemäß
auch die schwierigen politischen Artikel in der dänischen Zeitung“
sagt Herr Fode. „Und inzwischen konversiert er ganz gut auf Dänisch.
Dr. Heinz ist ja für seine Willensenergie und positive Verbissenheit
bekannt. Davon profitiert natürlich auch sein
Lernfortschritt. Seine dreisprachige Einführungsrede zur
EBLUL-Konferenz war beispielsweise eine tolle Leistung.“
Der Unterricht im Rathaus ist maßgeschneidert und kontinuierlich.
Aber auch die intensiven Kurse in
Jaruplund (Rainer Heinz hat schon 6 hinter sich) haben das Ohr für
die dänische „Nuschelei“ geschärft.
„Ach ja, die dänische Aussprache“ sagt Heinz und verdreht die
Augen, lässt sich aber diplomatischerweise nicht weiter über das
Thema aus.
„Inzwischen verstehe ich alles, was auf den dänischsprachigen
Fraktionssitzungen gesprochen wird und was die ausländischen Gäste
sagen. Nächstes Ziel ist es, auf den Sitzungen ohne Angst und Schweißausbrüche
selber einigermaßen frei Dänisch reden zu können. Darauf arbeite
ich jetzt intensiv mit Herrn Fode hin. Ich bin da sehr zuversichtlich.
Herr Fode hat eine nette und einfühlsame Art, die einem die Angst vor
dem Fehlermachen nimmt. Wir reden über spannende Themen, die ich in
alltäglichen und fachlichen Bereichen gut anwenden kann. Er versteht
es auch zu den dänischen Wörtern und Wendungen sprachhistorische und
kulturelle Hintergründe zu liefern. Er zwingt einem wirklich Verständnis
und Sympathie für dänische Kultur und den dänischen Humor ab."
Apropos dänischer Humor. Nachdenklich fährt Dr. Heinz sich mit der
Hand über den kurzgeschorenen Kopf. Mit gespieltem Ernst sagt er:
„Und Herr Fode hat so viele interessante Gesichter, weil er so viele
verschiedene Brillen hat.“
Viel Spaß
Sowohl
Laturnus wie Dr. Heinz sagen, sie haben beim Unterricht viel Spaß.
Wie der Spaß genau vor sich geht, ist allerdings ein Geheimnis; bei
den Dänischsitzungen dürfen nicht einmal die Sekretärinnen
mitlauschen. Die Türen zu den Vorzimmern sind hermetisch geschlossen.
Nur ab und zu dringt lautes Gelächter leise durch die Ritzen. Ob die
dabei wirklich etwas lernen? Was sagt Herr Fode über seine beiden Schützlinge?
„Ich bin sehr zufrieden mit der Arbeitsleistung und ihrem Einsatz.
Beide sind hoch motiviert und zweigen weitest möglich viel Zeit zu
Hause, in der Bahn im Flugzeug usw. für Dänisch ab. Herr Laturnus
hat ein natürliches Gespür für den dänischen Satzrhythmus und die
Betonung von Wörtern. Gerade das fällt den meisten Lernern schwer
und viele verwechseln das blitzartige und mikromale Timing der dänischen
Sprache mit Nuschelei. Und Dr. Heinz hat den immensen Vorteil, dass er
sein einmal ausgewähltes Ziel auch erreichen wird, weil er es einfach
will.“
Konkurrenz zwischen Stadtpräsident und Zweiten Bürgermeister? Gibt
es nicht, darin sind sich beide einig. Der Vorsprung "des
Zweiten" ist zu groß.
"NOCH zu groß" lacht Laturnus. Seine Augen blitzen. Plötzlich
sieht er aus wie ein großer Lausbub. Scheinbar macht Dänischlernen
wirklich Spaß. Vielleicht wird ein Großteil des Personals im Rathaus
einmal „dänifiziert“?
Dr. Heinz sagt: „Es ist tatsächlich mein Ziel, dass auf jeden Fall
diejenigen Personen, die in ihrer Arbeit täglichen Kontakt auch zu Dänisch
sprechenden Kunden und Klienten haben, die dänische Sprache – wenn
auch nicht beherrschen – so doch einigermaßen verstehen lernen. Wir
erwarten natürlich auch, dass sich unsere neue Stadtmanagerin hier
anschließt. Die Dänen sind so gut in Fremdsprachen, davon können
und müssen wir nur lernen!“
Artikel in "Flensborg Avis" April 2004
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